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Psychologie

Flugangst: So wirst die Furcht vorm Fliegen wieder los

  • Veröffentlicht: 26.04.2024
  • 11:00 Uhr
  • Sven Hasselberg
Flugangst kann für Reisende sehr belastend sein. Die Bandbreite der Gefühle reicht von leichter Unruhe bis hin zu starken Ängsten, die Teil einer Angststörung wie der Flugphobie sein können.
Flugangst kann für Reisende sehr belastend sein. Die Bandbreite der Gefühle reicht von leichter Unruhe bis hin zu starken Ängsten, die Teil einer Angststörung wie der Flugphobie sein können.© IMAGO / Panthermedia / Andrey Popov

Reiseziele oder berufliche Treffen im Ausland machen oft eine Flugreise unumgänglich. Für manche Menschen kann Flugangst dabei zu einem Problem werden. Während einige sich beim Fliegen lediglich unwohl fühlen, können andere durch die Angst den Flug nicht antreten. Warum das so ist und was dagegen hilft.

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Das Wichtigste in Kürze über Flugangst

  • 16 Prozent der Deutschen leiden laut Schätzungen an Flugangst (Aviophobie). 22 Prozent haben zumindest Respekt davor, in ein Flugzeug zu steigen.

  • Flugangst setzt sich oft aus unterschiedlichen Ängsten zusammen wie Platzangst oder Höhenangst.

  • Viele Therapeut:innen, Psycholog:innen, aber auch die Fluglinien bieten Seminare für ein entspanntes Fliegen an.

  • Bei einigen Flugreisenden beginnt die Angst schon Tage vorher. Die meiste Angst haben die Betroffenen allerdings beim Start oder der Landung

  • Zu den Symptomen zählen Übelkeit, Herzrasen, Schwindel, Kopfschmerzen, Schweißausbrüche, Schlaflosigkeit, ein trockener Mund, Stressgefühle bis hin zu Weinkrämpfen, Panikattacken und Zusammenbrüchen.

Inhalt

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Flugangst: Was ist das eigentlich?

Das Fliegen ist dem Menschen von Natur aus fremd. Daher ist es erst mal nicht überraschend, dass viele Menschen ein unbehagliches oder ängstliches Gefühl verspüren, wenn sie ein Flugzeug betreten. Sie fürchten sich vor dem Start, der Landung, einem möglichen Absturz oder davor, im Flugzeug eingeschlossen zu sein. Die Bandbreite der empfundenen Emotionen reicht von leichtem Unbehagen bis hin zu starken Ängsten und Panik-Attacken. Wenn eine ausgeprägte Flugangst über Monate hinweg besteht und deutliche Beeinträchtigungen im Alltag verursacht, spricht man von einer spezifischen Angststörung oder Phobie. Sie wird auch als Flugphobie oder Aviophobie bezeichnet.

Eine spezifische Phobie bezeichnet eine übermäßige Angst vor bestimmten Situationen, Objekten oder Tieren, die nicht im Verhältnis zur tatsächlichen Gefahr steht. Flugangst kann die Kriterien für eine behandlungsbedürftige Angststörung erfüllen. Sie kann aber auch in milderer Form auftreten, ohne als psychische Erkrankung zu gelten.

Bei Flugangst und Aviophobie steht die empfundene Angst in einem deutlichen Missverhältnis zur realen Risikobewertung. Tatsächlich zählt das Linienflugzeug neben der Bahn zu den sichersten Verkehrsmitteln. Die Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Unfalls ist bei einer Autofahrt über 800-mal höher als bei einer Flugreise, gemessen an den zurückgelegten Kilometern. Objektiv betrachtet lässt sich die intensive Flugangst daher nicht rational begründen. Vielen Betroffenen ist auch bewusst, dass ihre Ängste irrational sind.

Im Video: Anti-Stress-Schwein nimmt Angst vorm Fliegen

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Flugangst: Das spielt sich in deinem Gehirn ab

Angst ist ein Schutz-Mechanismus. Unseren Vorfahren ermöglichten die Stresshormone Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin dem Körper bei einem Angriff blitzschnell zu signalisieren: Kämpfen oder Fliehen! Genau diese Alarm-Bereitschaft steht uns heute manchmal im Weg.

Bei Flugangst reagieren einige Gehirnareale auf die vermeintliche Bedrohung überaktiv. Mit Hilfe der "kognitiven Verhaltenstherapie" kannst du diese Überreaktion auf ein angepasstes Niveau drosseln. Um deine Flugangst zu überwinden, musst du die festgefahrenen Denkmuster bezüglich des Flugzeugs und des Fliegens überprüfen und korrigieren.

Oft hat sich die Flugangst durch ein negatives Flugerlebnis entwickelt. Sie ist nicht erblich. Allerdings sind manche Menschen genetisch anfälliger, eine Angststörung zu entwickeln. Außerdem können Kinder Flugangst entwickeln, wenn Eltern ihnen diese vorleben. Auch Katastrophenfilme oder Desinformation können zu Flugangst führen.

Diese Tricks können dir bei Flugangst helfen

🎶 Fluggesellschaften geben CDs mit Fluggeräuschen heraus. Das Gewöhnen an die verschiedenen Laute beruhigt im Ernstfall. Die Flugreisenden denken nicht mehr, dass jeder Laut ein Unglück bedeutet.

👌 In Seminaren erklären echte Pilot:innen die Flugsicherheit, vermitteln Wissen zur Flugtechnik, was bei Turbulenzen passiert und klären andere Fragen. Sie tragen dabei Uniform, was ihre Glaubwürdigkeit bei den Ängstlichen unterstreicht.

🌬 Entspannungs-Techniken helfen in der konkreten Situation. Tief einatmen und lange ausatmen, gerne auch mit der Lieblingsmusik auf dem Kopfhörer und in bequemer Kleidung, beruhigt. Auch sollten Ängstliche sich immer wieder positive Gedanken selbst vorsagen.

🛩 Viele Seminare beinhalten den Besuch eines Cockpits. Hier fällt den Skeptikern auf, dass viele wichtige Instrumente zur Sicherheit mehrmals vorhanden sind. Auch das Anschauen der Triebwerke, Landeklappen und anderer Details ist möglich und hilft, der Technik zu vertrauen.

🍫 Essen gibt dem Körper das Signal, dass alles in Ordnung ist und regelt auch den Blutzuckerspiegel. Schokolade, die Lieblingssüßigkeit oder auch salzige Chips versüßen so den Flug. Dazu immer gut Wasser trinken, auf Alkohol und Kaffee verzichten.

👨‍✈️ Sprich mit der Crew. Sie haben täglich mit solchen Situationen zu tun und sind daher erfahren im Umgang mit Flugangst bei Flugreisenden.

👂 Wenn dir die Flugzeug-Geräusche zu schaffen machen, könnten Noise-Cancelling-Kopfhörer gegebenenfalls eine Lösung sein.

📖 Lenke dich ab. Zum Beispiel mit deinem Lieblingsfilm, einem spannenden Buch oder Hörbuch oder einem Spiel während des Flugs.

Bei Flugangst kann es hilfreich sein, wenn du dir während des Fluges Ablenkung suchst und dich auf das Reiseziel konzentrierst.
Bei Flugangst kann es hilfreich sein, wenn du dir während des Fluges Ablenkung suchst und dich auf das Reiseziel konzentrierst.© picture alliance / Westend61 | Jake Jakab
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Flugangst: Diese 4 Arten gibt es

In ihrem Buch "Ich kann fliegen" teilt Psychologin Verena Kantrowitsch Menschen mit Flugangst in vier Typen ein:

Typ A - Angst vor Absturz: Dieser Typ hört auf jedes verdächtige Geräusch und hat  keine Ahnung von Flugphysik oder –technik. Er zweifelt während seiner Angst daran, wie dieser Haufen Blech sich überhaupt in der Luft halten soll? Auch die Neigung, in allen Dingen schicksalhafte Zeichen zu sehen, und erlernte Angst, die eventuell bei den Eltern abgeschaut wurde, können eine Rolle spielen.

Typ B - Angst vor Kontroll-Verlust: Typ B hat in seinem Leben grundsätzlich gerne alles im Griff. Er kann sein Wohl nicht Piloten anvertrauen, die er nicht kennt, und deren Kompetenz er nicht einschätzen kann. Gerade bei Unwettern fühlen diese Menschen sich besonders der Naturgewalt ausgeliefert. Oft ist ein erhöhtes Stressniveau durch die berufliche Karriere zentral. Besonders Männer ordnen ihre Flugangst gerne diesem Typ zu.

Typ C - Angst vor Kollaps: Was, wenn ich jetzt einen Herzinfarkt bekomme? Menschen, die zu großer innerer Unruhe und Panikattacken neigen, gehören diesem Typ an. Auch Hypochonder zählen dazu. Sie steigern sich in ihr Unwohlsein und malen sich aus, dass sie in der Luft von jeder medizinischen Hilfe abgeschnitten sind. Ihre körperlichen Angstsymptome sind gleichzeitig der Grund, den Kreislauf der Angst noch zu verstärken.

Typ D - Angst vor Terror: Menschen vom Typ D haben generell erhöhte Angst vor Terror. Während ihnen diese im Alltag mehr oder weniger bewusst sein kann, tritt sie besonders im Flugzeug hervor. Denn Terror ist auch durch die Berichterstattung in den Medien oft mit Fliegen verbunden. Im Moment der Angst verstärken sich ihre Vorurteile: Sie sehen in Mitreisenden Terrorist:innen und deuten Situation falsch. Bei ihnen regiert eine kombinierte Angst aus Fremdenangst und Flugangst.

Im Video: Warum Flugzeuge mit Absicht trödeln

Wann muss Flugangst behandelt werden?

Flugangst wird gemäß den Kriterien der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-11) durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als spezifische Phobie und somit als psychische Störung klassifiziert, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  1. Es besteht eine ausgeprägte Angst vor dem Fliegen, die bei wiederholter Exposition in dieser Situation auftritt und in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Gefahr steht.
  2. Das Fliegen wird aktiv vermieden oder nur unter intensiver Angst ertragen.
  3. Die Angst vor dem Fliegen oder die aktive Vermeidung des Fliegens besteht seit mindestens mehreren Monaten.
  4. Die Symptome können nicht besser durch eine andere psychische Störung erklärt werden.
  5. Die Beschwerden führen zu erheblichen psychischen Belastungen und/oder Beeinträchtigungen in wichtigen Lebensbereichen oder erfordern einen erheblichen Mehraufwand, um die normale Funktionsfähigkeit aufrechtzuerhalten.
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Behandlungs-Möglichkeiten bei Flugphobie

Spezifische Phobien lassen sich in der Regel gut mit Psychotherapie behandeln. Insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie und eine gestufte Exposition haben sich als besonders wirksam erwiesen. Dabei überprüfen und ändern Betroffene einerseits ihre Gedanken über das Fliegen und erlernen Techniken zum Umgang mit Angstauslösern. Die Expositionstherapie beinhaltet eine schrittweise Konfrontation mit angstauslösenden Gedanken, Bildern und später auch mit realen Orten oder Situationen, die mit dem Fliegen zu tun haben, unter therapeutischer Unterstützung.

Im Video: Hunde- und Katzenvideos gegen Flugangst

Flugangst mit Medikamenten behandeln?

Manchmal können Medikamente wie Beruhigungsmittel oder Schlafmittel dabei helfen, deine Flugangst zu kontrollieren. Aber denk daran, dass sie das Problem nicht langfristig lösen. Außerdem können einige der Medikamente gegen Angststörungen starke Nebenwirkungen haben oder die Wirkung anderer Medikamente beeinflussen.

Das betrifft nicht nur verschreibungspflichtige Medikamente, sondern auch frei verkäufliche. Selbst einige pflanzlicher Produkte können wesentliche Nebenwirkungen verursachen. Zum Beispiel kann das beruhigende Johanniskraut Übelkeit, Kopfschmerzen oder allergische Reaktionen auslösen. Deshalb ist es am besten, vor der Einnahme von Medikamenten bei Flugangst immer erst deinen Arzt oder deine Ärztin um Rat zu fragen.

Häufige Fragen zu Flugangst

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