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Raumfahrt

Mondlandung von Nova-C gelungen. Warum es so schwer ist, auf dem Mond zu landen

  • Aktualisiert: 23.02.2024
  • 08:54 Uhr
  • Peter Michael Schneider
Schmetterlingseffekt im All: Schon kleinste Fehler haben oft dramatische Folgen für eine Mondmission.
Schmetterlingseffekt im All: Schon kleinste Fehler haben oft dramatische Folgen für eine Mondmission.© NASA

Nach mehr als 50 Jahren ist den USA wieder eine Mondlandung geglückt: Nova-C hat in der Nacht auf den 23. Februar den Mond erreicht. Warum ist es aber generell so schwer, sanft auf der Oberfläche des Erdtrabanten aufzusetzen?

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Das Wichtigste in Kürze

  • Derzeit fliegen Staaten und Unternehmen jedes Jahr zahlreiche Missionen zum Mond.

  • Am Donnerstag, 22. Februar, hat die Landefähre IM-1 der US-Firma Intuitive Machines erfolgreich auf der Mondoberfläche aufgesetzt.

  • Doch seit den erfolgreichen Apollo-Missionen stürzte fast die Hälfte aller Landefähren ab - oder kam gar nicht erst an.

  • Vom Raketenstart bis zum Aufsetzen warten viele Belastungen auf die empfindliche Geräte.

Nova-C: Erste kommerzielle Mondlandung geglückt

Erstmals gelang eine kommerzielle Landung auf dem Mond. Die Landefähre IM-1, auch genannt "Nova-C" des US-Unternehmens Intuitive Machines, setzte in der Nacht zum Freitag (23. Februar) erfolgreich in der südlichen Region des Mondes auf, wie von der US-Raumfahrtbehörde NASA bekannt gegeben wurde. Das ist damit die erste, wenn auch unbemannte, erfolgreiche Mondmission von Amerika seit mehr als 50 Jahren.

Kurz nach der Landung traten Kommunikations-Schwierigkeiten auf und Nova-C sendete nur schwache Signale. Mittlerweile sind diese aber gelöst und es wurde bestätigt, dass der Lander aufrecht stehe und mit der Datenübertragung begonnen habe.

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Verschwörungstheorie: War die erste Mondlandung ein Fake?

Mondlandung: Schon der Start ist hart

Die feuernden Triebwerke des Superheavy-Starship-Gespanns
Die feuernden Triebwerke des Superheavy-Starship-Gespanns© SpaceX
  • Geschüttelt, nicht gerührt: Schon der Raketenstart ist für jedes Raumfahrzeug ein Hochsicherheitsrisiko. Die laufenden Raketen-Triebwerke erzeugen ultrastarke Schallwellen und schütteln Treibstoff-Leitungen, Computer und alle Technik brutal durch.
  • Die Mondrakete Saturn V verursachte bis zu 204 Dezibel und war etwa 10.000 lauter als eine Flugzeug-Turbine. Die neue Superrakete Starship von Elon Musk wird sogar fast doppelt so schwer.
  • Jedes Gramm zählt, um der irdischen Schwerkraft mit einer Rakete zu entkommen. Die Ingenieur:innen müssen daher alles so leicht wie möglich bauen und haben kaum Spielraum für Sicherheitsreserven.
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Was die Landung auf dem Mond so schwer macht

Mondlandebahn? Fehlanzeige: Apollo und andere Missionen haben den Mond zwar ausgekundschaftet. Doch am Ende ist jede Landung immer noch ein Blind Date mit seiner Oberfläche.
Mondlandebahn? Fehlanzeige: Apollo und andere Missionen haben den Mond zwar ausgekundschaftet. Doch am Ende ist jede Landung immer noch ein Blind Date mit seiner Oberfläche.© NASA

🛰️ Wenn du irgendwo hinfährst, musst du erst mal wissen, wo du bist. Das gilt auch für den Mond. Im Weltraum gibt es aber kein GPS.

🗺️ Raumfahrzeuge müssen ihre Position stattdessen über Radar und Kartenabgleich auf komplizierten Wegen herausbekommen.

🕹️ Fällt der Computer aus, lassen sich unbemannte Fahrzeuge nicht eben mal funkgesteuert per Hand landen. Denn Signale brauchen zum Mond und zurück mehr als zwei Sekunden. Das reicht, um die Kontrolle zu verlieren.

🪂 In den Gashüllen von Planeten wie Mars und Erde lässt sich per Fallschirm gut bremsen. Zwar beträgt die Mond-Schwerkraft nur ein Sechstel von der auf der Erde. Doch mangels Atmosphäre müssen Mondlande-Fahrzeuge ihre enormen Geschwindigkeiten vollständig mit ihrem Triebwerk auf Null reduzieren.

🌑 Wegen der fehlenden Atmosphäre ist zudem alles auf der Mondoberfläche in der Sonne entweder in gleißendes Licht gehüllt – oder im Schatten rabenschwarz. Das macht es für bemannte Mondmissionen sehr schwierig, sich optisch zu orientieren.

Darum ist die Raumfahrt voller Schwierigkeiten

  • Der Weltraum ist gar nicht leer. Dort rasen Mikro-Meteoriten umher, die zwar klein sind, aber mit bis zu 70 Kilometer in der Sekunde jede Wand eines Raumfahrzeugs durchschlagen (hier liest du, wie Mikrometeoriten die ISS bedrohen.
  • Noch strapazierender für Fahrzeuge ist die harte Weltraumstrahlung, die vor allem die Chips in den Steuerungscomputern beschädigen. Eine besonders hohe Strahlendosis bekommen Raumfahrzeuge ab, wenn sie auf dem Weg zum Mond den Van Allen-Strahlungsgürtel passieren.
  • Geraten Raumfahrzeuge vom Sonnenlicht in den Schatten und umgekehrt, müssen Fahrzeuge Temperaturwechsel von häufig mehreren Hundert Grad Celsius aushalten. Auf Dauer macht das jedes Material mürbe.
  • Eines der großen Probleme der Raumfahrt: Im Falle einer Panne gibt es keinen Weltraum-ADAC, um das Raumschiff in die Space-Werkstatt zu schleppen. Kaputt ist kaputt.
  • Immer auf Jungfernfahrt: Fast alle Raumfahrzeuge sind Prototypen oder fliegen zumindest das erste Mal. Frage: Würdest du dich in ein Flugzeug setzen, das noch nie abgehoben ist.
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Liste Mondlandungen seit der letzten Apollo-Mission

Wunschdenken: Die private Landefähre Peregrine in künstlerischer Darstellung auf dem Mond. In Wirklichkeit kam sie dort nie an.
Wunschdenken: Die private Landefähre Peregrine in künstlerischer Darstellung auf dem Mond. In Wirklichkeit kam sie dort nie an.© NASA

Von 50 bemannten und unbemannten Versuchen, weich zu landen, scheiterte mehr als die Hälfte. Auch seit der letzten der allesamt erfolgreichen, bemannten Mondlandungen ist es nach 1972 nur neun unbemannten Landefähren gelungen, sanft auf der Mondoberfläche aufzusetzen - sechs scheiterten.

Auffällig: Die meisten Abstürze legten private Unternehmen hin. Kein Wunder: Zwar profitieren die privaten Unternehmen von heute von den Erfahrungen der NASA. Doch müssen sie häufig mit ein paar Dutzend Millionen Dollar und Ingenieur:innen auskommen – die NASA gab allein für das Apollo-Programm mehrere Hundert Milliarden US-Dollar aus, schätzungsweise mehr als 400.000 US-Amerikaner:innen arbeiteten daran mit.

  • 1973: Luna 21 - russische Landefähre: Touchdown! Mondrover abgesetzt
  • 1974: Luna 23 - russische Landefähre: Touchdown! Aber Bohrwerkzeug defekt
  • 1975: Luna 1975A - russische Landefähre: Fehlstart
  • 1976: Luna 24 - russische Landefähre: Touchdown! Rückkehr mit Bodenproben
  • 2013: Chang’e 3 - chinesische Landefähre: Touchdown! Mondrover abgesetzt
  • 2018: Chang’e 4 - chinesische Landefähre: Touchdown! Mondrover abgesetzt
  • 2019: Beresheet - private Landefähre aus Israel: Crash!
  • 2019: Chandrayaan-2 - indische Landefähre: Crash!
  • 2020: Chang’e 5 - chinesische Landefähre: Touchdown! Rückkehr mit Bodenproben
  • 2022: Hakuto-R M1 - private Landefähre aus Japan: Crash!
  • 2023: Chandrayaan-3 - indische Landefähre: Touchdown!
  • 2023: Luna 25 russische Landefähre: Crash!
  • 2023: SLIM  japanische Landefähre: Touchdown! Bei der Landung umgekippt
  • 2024: Peregrine - private Landefähre aus den USA: Panne auf dem Weg zum Mond
  • 2024: Intuitive Machines - private Landefähre aus den USA: Touchdown!

Spezialfall: Die Landung auf der erdabgewandten Mondseite

Die chinesische Landefähre Changé 4 steht auf der erdabgewandten Mondseite.
Die chinesische Landefähre Changé 4 steht auf der erdabgewandten Mondseite.© CSNA

Auf seinem etwa 28-tägigen Weg um die Erde zeigt der Mond ihr immer die gleiche Seite (Stichwort "gebundene Rotation"). Falls ein Raumfahrzeug auf der erdzugewandten Seite landen soll, ist das praktisch – dann kann es mit der Erde ständig direkten Funkkontakt halten.

Steuert es dagegen die erdabgewandte Seite an, verschwindet es im Funkschatten. Zu Apollozeiten war es für die NASA Stress pur, wenn ihre Astronaut:innen für etwa 45 Minuten hinter dem Mond verschwanden und nicht erreichbar waren.

Daher braucht es einen Relais-Satelliten im Mondorbit, der Funksignale zur Erde weiterleiten kann. Bisher ist es nur China 2018 mit der Chang’e 4-Sonde gelungen, auf der erdabgewandten Seite zu landen.

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Der Adler ist gelandet: von Apollo 11 -die nervenaufreibendste Landung aller Zeiten

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Auch wenn die erste Landung auf dem Mond auf Anhieb gelang: Es war ein nervenzerreißender Thriller. Immer wieder riss der Funkkontakt zur Bodenstation ab, während der Bordcomputer piepsende Alarme ausgab, deren Ursache Neil Armstrong und Buzz Aldrin nicht kannten.

Als sich ihre Landefähre Eagle schließlich der geplanten Landestelle nährte, erkannte Armstrong, dass sie auf ein Geröllfeld zusteuerten, sodass er das Steuer übernahm und sich einen neuen Landeplatz suchen musste – mit kaum noch Sprit im Tank. Kommentar von Ground Control nach der Landung: "Hier sind ein paar Leute blau angelaufen, aber jetzt atmen sie wieder!"

Häufige gestellte Fragen zur Mondlandung

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