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Heuschnupfen: Erhöht er das Corona-Risiko?

  • Veröffentlicht: 08.04.2021
  • 09:00 Uhr
  • Galileo

Etwa 25 Millionen Deutsche plagen sich aktuell mit einer Pollen-Allergie herum. Ihr Immunsystem ist schon jetzt überfordert. Bekommen die Betroffenen deswegen auch leichter Corona?

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Ist das Corona-Risiko bei Heuschnupfen höher?

🤧 Normale allergische Beschwerden, wie juckende und tränende Augen oder eine laufende Nase, erhöhen laut aktuellem Kenntnisstand nicht das Risiko, sich mit dem Corona-Virus zu infizieren.

👎 Anders sieht es aus, wenn sich ein sogenannter Etagen-Wechsel anbahnt oder schon stattgefunden hat. Davon sprechen Mediziner, wenn eine Erkrankung der oberen Atemwege (Nasen-Rachenraum) eine Etage tiefer wandert, also in die unteren Atemwege (inklusive Bronchien und Lunge).

👎 Dann kann aus Heuschnupfen Asthma werden - mit Reizhusten, feuchtem Husten, Brennen in den Atemwegen, Atembeschwerden und/oder Luftnot.

👎 Die Kombination aus einer geschwächten Schleimhaut und Abwehr erhöht die Gefahr, dass Bakterien und Viren in den Körper gelangen. Dazu zählt auch das Corona-Virus.

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Schleimhaut in Not: Warum Viren und Bakterien dann leichtes Spiel haben

Bei einer Allergie wird vor allem die Bronchialschleimhaut in Mitleidenschaft gezogen.

Die Bronchialschleimhaut besteht aus der Basalmembran, den Epithelzellen und den darüber liegenden Flimmerhärchen mit einer Schleimschicht, auch Biofilm genannt.

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Die Härchen und der Biofilm wehren Krankheitserreger, wie Bakterien und Viren, aber auch Schmutz und Staub ab, indem sie diese aus der Lunge befördern.

Verdickt sich die Schleimhaut infolge einer Allergie oder Asthmas, bewegen sich die Flimmerhärchen schlechter und Epithelzellen sterben ab. Die Abwehr wird buchstäblich löchrig und erleichtert damit Viren und Bakterien das Eindringen in den Körper.

Masken: Gut gegen Corona und Heuschnupfen

😷 Tatsächlich verringert das Tragen einer FFP2-Maske nicht nur das Risiko, sich mit dem Corona-Virus anzustecken, sondern auch starke Heuschnupfen-Beschwerden zu bekommen.

😷 Denn die Mund-Nasen-Bedeckung filtert Reizstoffe heraus, also auch Pollen. Allergiker:innen profitieren entsprechend davon.

🤒 Insgesamt hat es seit der Einführung der Maskenpflicht deutlich weniger Infekte und kaum Grippe-Erkrankungen gegeben.

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Was raten Sie Heuschnupfen-Geplagten? Interview mit der Lungenfachärztin, Allergologin und Schlafmedizinerin Uta Ziehn

Worauf sollten Allergiker:innen in der Pandemie achten?

💬 Allergiker:innen sollten ihre Erkrankung ernst nehmen, erst recht in Zeiten von Corona. Im Alltag bedeutet das: Achten Sie auf die aktuelle Pollenflugsituation und gestalten Sie den Tag entsprechend. Bei starker Belastung sollten Allergiker:innen zum Beispiel nicht draußen joggen, sondern das Workout lieber in die eigenen vier Wände verlegen.

Was ist noch wichtig?

💬 Die kurz- aber auch langfristige Behandlung der Beschwerden. Die richtigen Ansprechpartner sind Hausärzt:innen, Lungenfachärzt:innen und Hals-Nasen-Ohren-Fachärzt:innen.

Was können Allergiker:innen im Akutfall tun?

💬 Bei leichten Beschwerden helfen spezielle Nasen-Sprays. Sie sollten Kortison enthalten, um die Entzündungsreaktionen zu bekämpfen. Normale Nasen-Sprays können das nicht: sie sorgen nur für ein Abschwellen der Schleimhaut, das zwar in dem Augenblick die Beschwerden lindert, aber keine langfristigen Effekte bringt. Hilft das nicht mehr, kann die Ärztin oder der Arzt ein antiallergisches, lokal wirkendes Medikament verschreiben.

Ich habe Asthma, was nun?

💬 Ist es bereits zu einem Etagen-Wechsel mit asthmatischen Problemen gekommen, können Kortison-Sprays helfen. Entscheidend ist, dass Pollen-Allergiker:innen und Asthmatiker:innen medikamentös gut eingestellt sind. Dann haben sie kein erhöhtes Risiko, sich leichter mit dem Corona-Virus zu infizieren.

Sollten Allergiker:innen über die Spezielle Immuntherapie (SIT) nachdenken?

💬 Ja, das ist die beste Methode, um das Immunsystem zu desensibilisieren. Dabei wird den Betroffenen über 3 Jahre das entsprechende Allergen in einer gesteigerten Dosis unter die Haut gespritzt. Möglich ist auch, die Allergene als Tropfen oder Tablette täglich unter die Zunge zu geben. So gewöhnt sich der Organismus an Birkenpollen und Co. und reagiert kaum oder gar nicht mehr auf die Reizstoffe.

Können sich auch Pollen-Allergiker:innen gegen Corona impfen lassen?

💬 Ja, Heuschnupfen ist kein Ausschlusskriterium für eine Corona-Impfung.

❓ Wer ist Uta Ziehn?

💬 Uta Ziehn ist Mitglied im Bundesverband der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner e.V.

Schwächt Kortison zusätzlich die Abwehr?

Viele Menschen, die kortisonhaltige Medikamente einnehmen, sind seit der Pandemie verunsichert. Der Grund: Hochdosiertes Kortison hat eine immunsuppressive Wirkung, reduziert oder unterdrückt also das körpereigene Abwehrsystem.

Das ist beispielsweise bei Autoimmunerkrankungen sinnvoll, bei denen sich das Immunsystem fälschlicherweise selbst angreift – und in geringer Dosis auch bei der Behandlung von Allergien, etwa als Nasen- oder Asthma-Spray.

Heuschnupfen-Allergiker:innen und Asthmatiker:innen sollten ihre Kortison-Präparate weiter nehmen. Und zwar aus 3 Gründen:

  1. Der Wirkstoff als Sprays und in niedriger Dosis wirkt nur lokal und verteilt sich nicht im ganzen Körper.
  2. Das Absetzen kann Entzündungsreaktionen im Körper begünstigen, die sich negativ auswirken - auch auf das Risiko einer Infektion mit dem Corona-Virus.
  3. Erkrankte, die Kortison in höherer Dosis als Tabletten nehmen müssen, könnten Schmerzen bekommen und/oder ihre Symptome verschlechtern sich. Sie sollten bei Zweifeln mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt sprechen.
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1-Hilfe-Tipps für Pollen-Geplagte:

📱 Achte täglich auf die Pollen-Vorhersage. Hilfreich sind dafür Apps.

👃 Tägliche Nasen-Spülungen reduzieren die Belastung der Schleimhäute mit Allergenen und sorgen für besseres Durchatmen.

🛀 Eine abendliche Dusche vor dem Zubettgehen entfernt Allergene von deinem Körper und aus deinem Haar.

🛌 Ziehe deine Kleidung nicht im Schlafzimmer aus und verbanne dort die Schmutzwäsche. Pollen-Schutzgitter vor den Fenstern sind hilfreich, wie auch spezielle Anti-Allergiebezüge. Bei einer attestierten Allergie bekommst du die Kosten für die Bezüge von der Krankenkasse erstattet.

🌧 Nach Regenschauern ist die Luft relativ pollenfrei. Lege Spaziergänge in diese Zeit.

🏖 Als Allergiker:in solltest du auch bei der Urlaubsplanung auf die Pollen-Saison achten und bevorzugt ans Meer oder ins Gebirge fahren.

Wann fliegen welche Pollen?

Durch die Klimaerwärmung fliegen Pollen mittlerweile fast ganzjährig herum. Sogar im Winter, wenn es ungewöhnlich mild ist. Der Pollenflug-Kalender ist dennoch eine gute Orientierung für Allergiker:innen.
Durch die Klimaerwärmung fliegen Pollen mittlerweile fast ganzjährig herum. Sogar im Winter, wenn es ungewöhnlich mild ist. Der Pollenflug-Kalender ist dennoch eine gute Orientierung für Allergiker:innen.© Galileo

Heuschnupfen-Fakten

  • Rund 35 Prozent der Bevölkerung leidet unter einer Allergie, der Großteil unter Heuschnupfen.

  • Über die Hälfte der Betroffenen empfindet die Erkrankung als belastend oder sogar stark belastend. Dennoch unternehmen 41 Prozent der Erkrankten nichts gegen die Allergie.

  • Eine Allergie löst oft eine überschießende Redaktion des Immunsystems auf bestimmte Stoffe aus der Umwelt aus. Bei Heuschnupfen zum Beispiel auf eigentlich harmlose Pollen, die sich zur Fortpflanzung über die Luft verbreiten.

  • Typische Symptome sind: Augenjucken, laufende Nase, Niesen, Husten.

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