Nach Sieg über Le Pen
Macron will gespaltenes Frankreich einen
Nach dem Wahlsieg gegen Marine Le Pen will Frankreichs künftiger Präsident Emmanuel Macron das zerrissene Land wieder zusammenführen.
Nach dem Wahlsieg gegen die EU-feindliche Rechtspopulistin Marine Le Pen will Frankreichs künftiger Präsident Emmanuel Macron das zerrissene Land wieder zusammenführen.
"Ich werde mit allen Kräften gegen die Spaltung kämpfen, die uns zermürbt und entmutigt", sagte der Mitte-Links-Politiker nach seiner historischen Wahl. Macron will am Montagvormittag an der Seite des scheidenden Amtsinhabers François Hollande an der traditionellen Gedenkzeremonie zum Sieg über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg teilnehmen.
Der Sieg des sozialliberalen Pro-Europäers wurde international mit Erleichterung aufgenommen. Auch die Finanzmärkte reagierten positiv: Die Börsen in Asien und Australien begannen den Handel zum Wochenstart deutlich im Plus.
Der 39-jährige Macron wird spätestens am kommenden Sonntag (14. Mai) als jüngster französischer Präsident aller Zeiten die Macht im Élyséepalast übernehmen. Es ist üblich, dass der amtierende Premierminister seinen Rücktritt einreicht, damit der neue Präsident auch eine neue Regierung bilden kann - wen Macron zum Premier machen will, ist noch nicht bekannt. Der Wahlsieger steht nun vor der Herausforderung, bei den Parlamentswahlen im Juni eine Mehrheit für seine Politik zu bekommen.
Erleichterung in der EU
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die EU-Spitze begrüßten das Ergebnis. Denn die Front-National-Anführerin Le Pen wollte den Euro als normales Zahlungsmittel abschaffen und die Franzosen über die EU-Mitgliedschaft abstimmen lassen. Das hätte die krisengeschüttelte Europäische Union tief ins Mark treffen können. Auch die Achse Berlin-Paris wäre gebrochen gewesen.
Macron war am späten Sonntagabend zum Klang der Europahymne vor Tausende jubelnde Anhänger am Pariser Louvre getreten. Frankreich habe ein neues Kapitel seiner Geschichte aufgeschlagen, sagte er: "Die Aufgabe ist gewaltig." Am Ende kamen seine Frau Brigitte und Wahlkampfmitarbeiter zu ihm auf die Bühne, um die französische Nationalhymne Marseillaise zu singen.
Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 75 Prozent, rund drei Prozentpunkte niedriger als im ersten Wahlgang vor zwei Wochen. Etwa vier Millionen Franzosen entschieden sich in der zweiten Runde dafür, entweder einen leeren Wahlumschlag abzugeben ("weiße Stimme") oder ungültig zu stimmen - das ist laut dem Meinungsforschungsinstitut Ipsos ein Rekord. Politische Kommentatoren in Frankreich werteten dies als Zeichen, dass viele Franzosen auch Macrons Programm kritisch sehen. Der künftige Präsident räumte ein, dass sein Sieg keine Blankovollmacht sei.
Der frühere Wirtschaftsminister und Investmentbanker steht nun vor gewaltigen Herausforderungen. Frankreichs Wirtschaft hinkt in Europa hinterher, die Arbeitslosigkeit liegt mit rund 10 Prozent viel höher als in Deutschland. Als wichtige Aufgabe nannte Macron auch den Antiterrorkampf. Frankreich wurde seit 2015 von einer islamistischen Anschlagsserie erschüttert, fast 240 Menschen wurden ermordet.
Merkel froh über Macron-Sieg
Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert teilte mit, die Kanzlerin freue sich darauf, "im Geist der traditionell engen deutsch-französischen Freundschaft vertrauensvoll mit dem neuen Präsidenten zusammenzuarbeiten". EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker twitterte: "Gemeinsam für ein stärkeres und gerechteres Europa." Auch US-Präsident Donald Trump gratulierte dem Pariser Amtskollegen in spe, nachdem er im Wahlkampf auf Le Pen gesetzt hatte.
Macron will noch am Montag den Vorsitz der von ihm vor gut einem Jahr gegründeten Bewegung "En Marche!" niederlegen, wie aus seinem Umfeld verlautete. "En Marche!" will Kandidaten für die Parlamentswahlen in rund sechs Wochen aufstellen. Ohne Mehrheit in der Nationalversammlung wäre Macron gezwungen, eine Regierung zu ernennen, der auch Politiker eines anderen politischen Lagers angehören - das könnte seinen Handlungsspielraum stark einschränken.
Eine derartige "Kohabitation" gab es zuletzt von 1997 bis 2002 mit dem Konservativen Jacques Chirac als Präsidenten und dem Sozialisten Lionel Jospin als Premierminister.
Le Pen plant FN-Umbau
Le Pen ließ durchblicken, dass sie ihre Partei im Juni in die Parlamentswahlen führen werde. Sie kündigte einen "tiefgreifenden Umbau" der Front National an. FN-Vize Florian Philippot sagte, seine Partei werde sich in eine neue politische Kraft verwandeln und dann auch nicht mehr denselben Namen tragen. Le Pen verfolgt seit Jahren die Strategie, der rechtsextremen Partei ein gemäßigteres Auftreten zu verschaffen und damit neue Wählerschichten zu erschließen.
Bei der Gedenkfeier zum Jahrestag des Kriegsendes wird Hollande der Tradition gemäß zunächst einen Kranz an der Statue von Charles de Gaulle an der Pariser Prachtstraße Champs-Élysées niederlegen, danach ist eine Zeremonie am Triumphbogen geplant.